Analyse: Energiekosten belasten ostdeutsche Haushalte besonders stark
Heidelberg. Die Ausgaben für Energie belasten ostdeutsche Haushalte überproportional stark. Kaufkraftbereinigt liegen die Kosten für Wärme, Strom und Sprit rund 22 Prozent höher als im Westen. Am stärksten ist die Belastung durch Energiekosten in Thüringen. Das zeigen Berechnungen des Vergleichsportals Verivox.
Thüringen am stärksten belastet, Bayern am geringsten
Die Energiekosten für einen Musterhaushalt liegen im August 2024 bundesweit bei durchschnittlich 4.297 Euro pro Jahr. In Westdeutschland belaufen sich die Kosten auf 4.280 Euro, während im Osten des Landes 4.380 Euro fällig werden. Die nominalen Mehrkosten betragen somit 100 Euro, das entspricht 2,3 Prozent. Unter Berücksichtigung der geringeren Einkommen steigt die relative Energiekostenbelastung im Osten jedoch deutlich an. Kaufkraftbereinigt belaufen sich die jährlichen Energiekosten auf 4.139 Euro im Westen und 5.042 Euro im Osten. Das ist ein Plus von 22 Prozent (903 Euro).
Am stärksten belastet sind Haushalte in Thüringen: Kaufkraftbereinigt liegen die jährlichen Energiekosten 23 Prozent über dem bundesweiten Durchschnitt. Hoch ist die Belastung auch in Bremen und Sachsen (jeweils plus 20 Prozent) sowie in Sachsen-Anhalt (plus 19 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (plus 18 Prozent). Am geringsten sind die Aufwendungen für Energie im kaufkraftstarken Bayern. Die Kosten liegen hier 10 Prozent unter dem Bundesschnitt. Vergleichsweise niedrig sind sie auch in Baden-Württemberg und in Hessen (8 bzw. 5 Prozent unter Schnitt).
Höhere Energiepreise und schwache Kaufkraft
Gründe für die höhere Energiekostenbelastung sind zum einen die geringeren Einkünfte in den neuen Ländern. Beträgt das verfügbare Haushaltseinkommen in den alten Bundesländern aktuell im Schnitt 58.333 Euro pro Haushalt, sind es in den neuen Ländern nur 48.977 Euro. Damit ist die durchschnittliche Kaufkraft in Ostdeutschland rund 16 Prozent niedriger.
Gleichzeitig werden in Ostdeutschland höhere Energiepreise fällig. Ein Haushalt mit einem jährlichen Stromverbrauch von 3.500 Kilowattstunden bezahlt im Westen aktuell durchschnittlich 1.242 Euro pro Jahr. Bei gleichem Verbrauch werden im Osten durchschnittlich 1.276 Euro fällig und damit rund 3 Prozent mehr. 12.000 Kilowattstunden Wärme kosten im Westen aktuell 1.320 Euro, im Osten 1.387 Euro (5 Prozent mehr). Beim Tanken halten sich die Kosten mit durchschnittlich 1.717 Euro pro Jahr die Waage.
Im Osten des Landes trifft eine schwache Kaufkraft auf überdurchschnittlich hohe Energiekosten, sagt Thorsten Storck, Energieexperte bei Verivox. Müssen Haushalte in den alten Bundesländern rund 7 Prozent ihrer Kaufkraft für Strom, Wärme und Sprit aufbringen, sind es in den neuen Bundesländern rund 9 Prozent. Die Energiepreisunterschiede zwischen Ost und West lassen sich zum Teil durch die Netzgebühren erklären. Die Kosten für Betrieb, Unterhaltung und Ausbau des Stromnetzes liegen in Ostdeutschland bei Strom rund 3 Prozent höher, bei Gas rund 10 Prozent, so Storck weiter.
Methodik
Der Verivox-Energiekostenindex berücksichtigt mengengewichtet die Kosten für Heizung, Elektrizität und Mobilität. Grundlage ist ein Drei-Personen-Musterhaushalt mit einem jährlichen Wärmebedarf von 12.000 Kilowattstunden, einem Stromverbrauch von 3.500 Kilowattstunden und einer jährlichen Fahrleistung von 13.300 Kilometern. Im Bereich Heizung werden die Preise für Gas und Heizöl mengengewichtet nach Haushalten einberechnet. Der durchschnittliche Strompreis entspricht dem separat errechneten Verivox-Verbraucherpreisindex Strom, bei dem sowohl die Preise der örtlichen Grundversorger als auch der 30 wichtigsten überregionalen Anbieter herangezogen werden. Im Bereich Mobilität werden Super E10 und Diesel mengengewichtet nach Fahrzeugen berücksichtigt.
Die Daten zur regionalen Verteilung des verfügbaren Einkommens stammen von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) und basieren auf dem Jahr 2024.
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