„Wasserwende“ gegen Versorgungsengpässe

Fast ein Viertel der Weltbevölkerung lebt in Ländern mit einem extremen Trockenheitsrisiko. In 17 Staaten ist die Situation besonders kritisch. Das geht aus dem in dieser Woche vorgestellten Wasserrisiko-Atlas des US-Forschungszentrums World Resources Institute (WRI) hervor. Zu den am schwersten betroffenen Ländern gehören zahlreiche Staaten im Nahen Osten und in Nordafrika. Hier nähere sich die Wasserknappheit dem Niveau der „Stunde Null“ an, dem Zeitpunkt, zu dem fließendes Wasser nicht mehr verfügbar sein wird. Wasserexperten des ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung erklären, warum für den Zugang zu sauberem und erschwinglichem Wasser eine „Wasserwende“ notwendig ist.

In vielen Teilen der Welt werden Wasserressourcen stark übernutzt. Betroffen vom „Wasserstress“ sind deshalb nicht nur die im Wasserrisiko-Atlas des WRI vorrangig genannten Länder im Nahen Osten. Auch in Regionen mit intensiver landwirtschaftlicher Bewässerung wie dem Westen der USA, China oder Süd- und Westindien zeigt sich eine besorgniserregende Entwicklung. Weniger bekannt ist, dass auch in Europa das Wasser knapp wird, etwa in Spanien, Südfrankreich, Bulgarien, Zypern und Griechenland. Und selbst in Deutschland sind inzwischen regionale Konkurrenzen um die Ressource Wasser keine Seltenheit mehr.

Doch die Verfügbarkeit von Wasser in guter Qualität und ausreichender Menge ist sowohl für die nachhaltige Entwicklung von Gesellschaften als auch für intakte Ökosysteme zwingend. „Wenn wir bei der weltweiten Wasserversorgung niemanden zurücklassen wollen, wie die Vereinten Nationen das in den Nachhaltigkeitszielen erklärt haben, müssen wir Wasser konsequent mehrfach nutzen“, sagt Wasserexperte Engelbert Schramm. „Anstatt meist mit Zwangsumsiedlungen verbundene Talsperren zu bauen oder die letzten Grundwasserressourcen zu erschließen, die sich zudem teilweise nur sehr langsam erneuern, müssen wir Abwasser als zusätzliche Wasserressource etablieren. Damit können wir den Druck auf den natürlichen Wasserkreislauf deutlich verringern.“

Druck auf Trinkwasserreserven verringern – Abwasser im Kreislauf führen

„Eine regelrechte Wasserwende hin zu einer nachhaltigen Nutzung aller vorhandenen Ressourcen ist möglich und eine wichtige Voraussetzung für die weltweite Wasser- und Sanitärversorgung“, meint Martin Zimmermann, ebenfalls Wasserforscher am ISOE. Dafür spiele die Übertragung des Kreislaufprinzips auf die Nutzung von Wasser eine entscheidende Rolle. Leicht verschmutztes Abwasser aus Haushalten, zum Beispiel aus Handwaschbecken und Duschen, kann mit vergleichsweise geringem Aufwand aufbereitet und für die Toilettenspülung oder Gartenbewässerung wiederverwendet werden. „Kerngedanke eines nachhaltigeren Umgangs mit Wasser ist, dass nicht für alle Zwecke Trinkwasser benötigt wird. Für unterschiedliche Bedarfe können auch unterschiedliche Qualitäten aufbereiteten Wassers zur Verfügung gestellt werden, die zum Beispiel von Trinkwasser bis hin zu Wasser für die Bewässerung reichen“, sagt Zimmermann.

Gerade im Hinblick auf die Sanitärversorgung in Ländern mit großer Wasserknappheit bietet die Wiederverwendung von Wasser ein großes Potenzial. „Eine geregelte Sanitärversorgung verbessert nicht nur die gesundheitliche Situation der Bevölkerung, sondern bietet durch die Wiederverwendung beispielsweise auch die Möglichkeit der landwirtschaftlichen Bewässerung zur Produktion von Lebensmitteln für den menschlichen Gebrauch oder von Futtermitteln“, berichtet Zimmermann. Entsprechende ressourceneffiziente Technologien zur Wasserwiederverwendung werden vom ISOE weltweit erfolgreich erprobt.

Technologische und gesellschaftliche Transformationen für weltweite Wassersicherheit

Um Wassersicherheit im Weltmaßstab gewährleisten zu können, seien aber noch weitere Bausteine zentral. „Um drei zu nennen: Wir müssen weiterhin neue Infrastrukturkonzepte umsetzen und testen, entsprechende Transformationsprozesse mit Blick auf die Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Akteuren wissenschaftlich begleiten und zum Beispiel Instrumente wie Wasserbedarfsprognosen für schnellwachsende Megacities konsequenter nutzen“, sagt Martin Zimmermann. Relevant für Wassersicherheit sei zudem auch, dass die politischen Entscheidungsträger Ergebnisse und Empfehlungen aus der Forschung für die Strategieentwicklung einer nachhaltigen Wasser- und Sanitärversorgung nutzten. Neben diesen technischen Transformationen sei aber auch die Gesellschaft gefragt, für eine „Wasserwende“ umzudenken.

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